Osterspaziergang mit allen Sinnen
Osterspaziergang mit allen Sinnen
EINLADUNG
Ich möchte Dich einladen zu einem Spaziergang, einem Osterspaziergang.
Ich denke dabei an die beiden Männer, die sich traurig auf den Weg von Jerusalem Richtung Emmaus gemacht haben und unterwegs Jesus, dem Auferstandenen, begegnet sind.
Das wünsche ich auch Dir und mir, wenn wir losgehen. Irgendwann an einem der Ostertage.
Jesus zu begegnen.
Vielleicht gehst Du allein oder mit Jemandem aus Deiner Hausgemeinschaft. Oder Du verabredest Dich mit Deiner Mutter, Freundin, Deinem Bruder oder dem Patenkind – selbst wenn diese am anderen Ende des Landes oder der Welt leben. Wenn Ihr zeitgleich geht, so seid Ihr miteinander verbunden und könnt Euch später über das austauschen, was Ihr erlebt habt, unterwegs gesehen und erfahren habt, wo Ihr Jesus begegnet seid.
VORBEREITUNG
Bevor Du losgehst, packe Deine Tasche oder den Rucksack:
etwas Brot, Wein, Traubensaft oder Trauben.
Vielleicht einen Segensstein oder ein Stück Kreide. Natürlich diesen Zettel, ein offenes Herz und Ohr, Deine Neugierde und Deine Hoffnung und auch das, was Dir das Herz und die Seele momentan vielleicht etwas schwer macht.
Nun gehst Du los! Vielleicht mit einem Gebet auf den Lippen:
Ich gehe los. Geh Du mit, Gott. Lass mich Deine Nähe spüren und erfahren.
Amen.
EINSTIMMUNG
Es ist Ostern. Frühling. Überall sehe ich Knospen, frisches Grün, blühende Bäume und Büsche, farbenfrohe Blumen. Und Tiere, die fliegen und kriechen. Sie summen und surren. Die Vögel zwitschern. Du siehst und riechst, staunst über das Erwachen der Natur. Über die Farbenpracht.
Nimm Dir Zeit dafür.
Und dann gehst Du weiter.
Vielleicht bleibst Du mal stehen und schließt die Augen.
Konzentrierst Dich ganz auf das, was Du hörst, auf das, was Du riechst.
Atme tief ein und aus.
Und dann gehst Du weiter. Und bleibst wieder stehen. Vielleicht an einer Stelle, wo Du die Erde des Bodens unter Dir und den Himmel über Dir siehst.
Du stellst Dich gerade hin. Erdest Deine Füße. Als wenn Du fest verwachsen wärst mit der Erde.
Streckst Dich. Streckst Deine Arme gen Himmel und schaust nach oben.
Was siehst Du? Strahlend blauen Himmel? Ein paar Wolken? Vögel?
Der Himmel als Inbegriff Deiner Sehnsucht.
Wonach sehnst Du Dich?
Nach Liebe? Angenommensein? Heil sein? Gott spüren? Harmonie? Frieden? Vergebung?
Gemeinschaft, auch mit Gott?
BETEN
Das alles kannst Du vor Gott bringen, vielleicht einstimmen in dieses Lied:
1. Meine engen Grenzen, meine kurze Sicht bringe ich vor dich.
Wandle sie in Weite, Herr, erbarme dich? (2x)
2. Meine ganze Ohnmacht, was mich beugt und lähmt bringe ich vor dich.
Wandle sie in Stärke, Herr, erbarme dich? (2x)
3. Mein verlornes Zutraun, meine Ängstlichkeit bringe ich vor dich.
Wandle sie in Wärme, Herr, erbarme dich? (2x)
4. Meine tiefe Sehnsucht nach Geborgenheit bringe ich vor dich.
Wandle sie in Heimat, Herr, erbarme dich? (2x)
Es ist gut, Gott zu sagen, wie es Dir geht. Deine tiefsten Wünsche und Hoffnungen, Deine Ängste und Nöte. Er ist eine gute Adresse. Und er wird sich Deiner erbarmen.
UNTERWEGS MIT DEN EMMAUSJÜNGERN
Gut, wenn Du jetzt einen Platz findest, an dem Du einen Moment verweilen kannst. Dich vielleicht ein wenig ausruhen kannst … und die biblische Geschichte von den Emmausjüngern lesen kannst.
Vielleicht kennst Du die Geschichte der beiden Männer. Vielleicht ist sie neu für Dich. Dann lass Dich mit hineinnehmen auf den Weg der beiden Jünger, die gerade von der Kreuzigung Jesu in Jerusalem kommen und Gott begegnen in dem Auferstandenen. Vielleicht spricht Dir diese Erzählung auch aus dem Herzen und aus der Seele. Wir finden Sie im Lukasevangelium:
Am selben Tag gingen zwei Jünger nach Emmaus, einem Dorf elf Kilometer von Jerusalem entfernt. Unterwegs sprachen sie miteinander über die Ereignisse der vergangenen Tage. Während sie sich unterhielten und nachdachten, kam Jesus selbst hinzu und ging mit ihnen.
Aber sie – wie mit Blindheit geschlagen – erkannten ihn nicht. »Worüber sprecht ihr da miteinander?«, wollte Jesus wissen. Die Jünger blieben traurig stehen, und verwundert bemerkte Kleopas, einer von den beiden: »Du bist wohl der Einzige in Jerusalem, der nichts von den Ereignissen der letzten Tage weiß.«
»Was meint ihr?«, fragte Jesus. »Das, was mit Jesus aus Nazareth geschehen ist«, antworteten die Jünger. »Er war ein Prophet, den Gott geschickt hatte. Jeder im Volk konnte das an seinen mächtigen Worten und Taten erkennen. Aber unsere obersten Priester und die anderen Mitglieder des Hohen Rates haben ihn an die Römer ausgeliefert. Er wurde zum Tode verurteilt und dann ans Kreuz geschlagen. Dabei hatten wir gehofft, dass er der von Gott versprochene Retter ist, der Israel befreit. Seither sind nun schon drei Tage vergangen. Und dann wurden wir heute Morgen auch noch durch einige Frauen sehr beunruhigt, die zu uns gehören. Schon vor Sonnenaufgang waren sie zum Grab gegangen; aber der Leichnam von Jesus war nicht mehr da. Die Frauen kamen zurück und erzählten, ihnen seien Engel erschienen, die sagten: ›Jesus lebt!‹
Einige von uns sind gleich zum Grab gelaufen. Es war tatsächlich alles so, wie die Frauen berichtet hatten. Aber Jesus haben sie nicht gesehen.« Darauf sagte Jesus zu ihnen: »Wie wenig versteht ihr doch! Warum fällt es euch nur so schwer, alles zu glauben, was die Propheten gesagt haben? Musste der von Gott erwählte Retter nicht all dies erleiden, bevor ihn Gott zum höchsten Herrn einsetzte?«
Dann erklärte ihnen Jesus, was durch die ganze Schrift hindurch über ihn gesagt wird – von den Büchern Mose angefangen bis zu den Propheten. Inzwischen waren sie kurz vor Emmaus, und Jesus tat so, als wolle er weitergehen. Deshalb drängten ihn die Jünger: »Bleib doch über Nacht bei uns! Es ist spät und wird schon dunkel.« So ging er mit ihnen ins Haus. Als Jesus sich mit ihnen zum Essen niedergelassen hatte, nahm er das Brot, dankte Gott dafür, brach es in Stücke und gab es ihnen. Da wurden ihnen die Augen geöffnet: Es war Jesus. Doch im selben Moment verschwand er, und sie konnten ihn nicht mehr sehen.
Sie sagten zueinander: »Hat es uns nicht tief berührt, als er unterwegs mit uns sprach und uns die Heilige Schrift erklärte?« Ohne Zeit zu verlieren, brachen sie auf und kehrten nach Jerusalem zurück. Dort waren die elf Jünger und andere Freunde von Jesus zusammen. Von ihnen wurden sie mit den Worten begrüßt: »Der Herr ist tatsächlich auferstanden! Er hat sich Simon gezeigt!« Nun erzählten die beiden, was auf dem Weg nach Emmaus geschehen war und dass sie ihren Herrn erkannt hatten, als er das Brot in Stücke brach.
Noch während sie berichteten, stand Jesus plötzlich mitten im Kreis der Jünger. »Friede sei mit euch!«, begrüßte er sie. Die Jünger erschraken und fürchteten sich sehr. Sie dachten, ein Geist stünde vor ihnen. »Warum habt ihr solche Angst?«, fragte Jesus. »Wieso zweifelt ihr daran, dass ich es bin? Seht doch die Wunden an meinen Händen und Füßen! Ich bin es wirklich.
Zwei Jünger auf dem Weg. Tieftraurig. Alle ihre Hoffnungen waren zerstört. Sie waren so voll davon, dass sie sich darüber auf dem Weg unterhalten. Über die Ereignisse der letzten Tage….
Was kommt Dir in den Sinn, wenn Du über die letzten Tage nachdenkst? Was macht Dich traurig? Mit wem würdest Du gern darüber sprechen?
Berührt Dich der Tod Jesu? Hat er Auswirkungen auf Dein Leben? Auf Dein Denken und Fühlen?
Hast Du den Eindruck, dass Jesus Dir nahe ist in Deiner Traurigkeit?
Wohin bist Du unterwegs? Erkennst Du ihn? Jesus? An Deiner Seite? Behutsam spricht er mit den Jüngern. Aber doch auch mit Unverständnis. Und sie erkannten ihn immer noch nicht…. Auch die anderen Jünger zunächst nicht.
Was hindert Dich daran, Jesus zu sehen? Gott zu erkennen in dieser Welt? In der Schwachheit? Im Tod?
Und Jesu kehrt bei ihnen ein und bricht das Brot. Da wurde ihnen die Augen geöffnet und sie wurden von der Freude ergriffen. Und ich stelle mir vor, wie sie alles stehen und liegen lassen. Zurück zu den anderen rannten um ihnen diese frohe Botschaft zu überbringen, ja herauszurufen zu denen, die in tiefer Traurigkeit waren…
Der Herr ist auferstanden! Jesus lebt! Wir konnten es ja erst nicht glauben! Aber wir haben ihn erlebt!
Und dann trat Jesus mitten unter die Jünger: „Friede sei mit Euch!“ sagt Jesus. Frieden bringt er. Und Leben in ganzer Fülle. Ewiges Leben, dem nichts mehr anhaben kann. Und Vergebung mit Gott. Versöhnung. Befreiung aus Angst und Schuld. Gemeinschaft miteinander. Und mit Gott.
Das macht stark und froh. Kannst Du das für Dich annehmen? Dich stärken lassen von seinem Wort für Dein Leben. Für das, wofür Du gerade Kraft brauchst? Zuversicht und Stärke? Tiefen inneren Frieden? Hoffnung gegen alles, was manchmal auch dagegen spricht? Das ist Glaube. Vertrauen. Liebe.
Auch, wenn Ostern dieses Jahr so ganz anders läuft als sonst. Die Botschaft bleibt. Und vielleicht erreicht sie uns in diesem Jahr auch ganz besonders, weil eben alles anders ist. Nicht in großer Gemeinschaft, sondern im Kleinen. Vielleicht so wie damals zunächst. Die Emmausjünger zu zweit. Und dann gesellt sich Jesus dazu. Sicher nicht mit Maske und auch nicht in einem Anderthalbmeterabstand, sondern mit ihnen auf dem Weg….
Und die Botschaft aus dieser so kleinen Tischgemeinschaft geht hinaus, voller Freude in die Welt.
Jetzt ist vielleicht der Moment gekommen, wo Du Dein Brot auspackst und den Wein oder die Trauben.
Und Gemeinschaft mit Gott feierst und das Leben. Die Liebe und die Vergebung. Seine Auferstehung.
Nimm hin und iss! Christi Leib für Dich gegeben! Nimm hin und trink! Christi Blut für Dich vergossen. Das stärke Dich auf Deinem Weg. Das stärke Dich im Glauben an das ewige Leben.
Denn Jesus lebt! Mit ihm auch Du!
WEITERGEHEN UND FÜR ANDERE BETEN
Gestärkt gehst Du weiter. Bist Du einen Platz findest, wo Du wieder ein wenig rastest. Denkst an die Menschen, die Dir am Herzen liegen. Die auch diese frohe Botschaft brauchen: Gott ist da! Gott sorgt für Dich! In den guten Zeiten und auch in den schweren.
Und vielleicht nimmst Du den Segensstein aus Deiner Tasche und legst ihn an den Rand des Weges, so dass ein anderer ihn findet. Ihm Mut und Zuversicht gibt. Oder Du schreibst mit der Kreide ein gutes Wort für ihn auf den Boden: Der Herr ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden!
Oder Du nimmst Dir einen Moment und betest für die Menschen in der Nähe und Ferne:
Für die Menschen, die heute allein, an die, die einsam sind. Oder traurig.
Du betest für die Kranken auf dieser Welt. Für alle, die betroffen sind von dem Virus, das allgegenwärtig zu sein scheint. Aber Gott ist stärker und größer als alles, was uns umtreibt, was uns Angst und Sorge macht. Ich bitte um Kraft für die Menschen, die anderen helfen. Für andere da sind.
Und gemeinsam mit allen Christen stimmst Du ein in das Gebet, das Jesus uns zu beten gelehrt hat:
Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
GESEGNET
Und nun gehst Du gestärkt weiter. Und gesegnet, von dem, der die Fülle ist. Vielleicht öffnest Du Deine Hände, um den Segen zu empfangen wie eine Schale. Vielleicht erhebst Du Deine Arme auch zum Himmel und hörst Gottes Worte: Du! Du bist mein geliebtes Kind. Du! Dich will ich segnen – und Du sollst ein Segen sein! Amen.
Verweile, solange Du magst. Und dann geh.
Geh weiter und wieder nach Hause.
Nimm mit, was Du heute gedacht, erlebt und gesehen hast.
Denke an die Begegnung mit den Jüngern. Und Jesus. Schmecke noch einmal das Brot und den Wein auf Deiner Zunge. Denke an die Menschen, die Du Gott anbefohlen hast.
Und dann geh freudig nach Hause.
Denn der Herr ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden!
Und er ist auch dort, wo der Alltag wieder auf Dich wartet. Er geht mit! Und bleibt! Amen.
Karin Spichale
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